So mythisch wie die Erzählungen aus Tausendundeine Nacht, so fremd und exotisch mögen verhüllte Frauen vielen ihrer europäischen Geschlechtsgenossinnen vorkommen. Von den neugierigen Männern ganz zu schweigen. Aber dazu später mehr. Seit über zehn Jahren begleiten uns im Himmel über Dafins nun schon Gäste aus den arabischen Ländern. Angefangen bei den Vereinigten Arabischen Emiraten – mit Abu Dhabi, Dubai, Katar, Sharjah – über Saudi-Arabien bis Kuwait. Die persönlichen Begegnungen und Gespräche empfinde ich als wertvollen Ausgleich zum Schreiben. Zu den ganzen Vorurteilen gegenüber verhüllten Frauen möchte ich eine kleine wahre Begebenheit aus dem Jahr 2019 erzählen.
Bei einem Einkauf einer Gastfamilie im Interspar in Feldkirch wird die verhüllte, junge Mutter mit sechs Kindern von einer Mittvierzigerin in einem rudimentären Englisch angesprochen. Es ginge um die Rechte der Frauen, die sich die junge Mutter doch nicht nehmen lasse dürfe. Gemeint war wohl das Recht, sich unverhüllt in der Öffentlichkeit zu bewegen. WIR Frauen müssten doch um unsere Freiheit kämpfen. Die junge Mutter lachte herzerfrischend und entgegnete in perfektem Englisch, dass sich Frauen in den Emiraten selbst entscheiden könnten, wie sie sich bekleiden. Und dass sie ihre traditionelle Kleidung der offenherzigen europäischen vorziehe. Nichtsdestotrotz respektiere sie, wie sich andere Frauen anziehen – selbst bei sich im Heimatland. Das wäre umgekehrt doch wohl auch angebracht.
Alle arabischen Frauen, die ich kennen lernen durfte, sind aufgeschlossen gegenüber unserer Kultur und lieben neue Erfahrungen. Sie genießen es, ihre Mahlzeiten zu teilen und selbstgekochte lokale Gerichte auszuprobieren. Dass ich aus Respekt kein Schweinefleisch serviere, versteht sich von selbst. Beim Gespräch über Männer-Frauen-Beziehungen erzählen sie freizügig, dass Eifersucht viel seltener zum Thema wird als bei uns. Arabische Männer verdrehen sich auf der Straße nicht den Kopf nach einer verhüllten Frau. Und dass Männer mehrere Ehefrauen haben, sei eher die Seltenheit, da alle vier Hauptfrauen exakt gleich behandelt, mit Kindern und finanziellen Mitteln ausgestattet werden müssten. Das würde doch kaum einer verkraften. Ganz ehrlich, bei sechs Kindern kann ich mir das auch nur schwer vorstellen.
Ich freue mich schon auf das Wiedersehen mit unseren liebenswerten arabischen Freund*innen und lerne bis dahin weiterhin tapfer Arabisch … quasi als kleine Aufmerksamkeit: ن شاء الله – Inshallah!